Zu Gast bei den Traditional Archers in Singapur
Das ziehen der Sehne mit Hilfe eines Ringes am Daumen ist zwar recht unbekannt wird allerdings in weiten Teilen der Welt seit Jahrtausenden praktiziert.
So lassen sich auch hohe Zuggewichte ohne Handschuh ziehen und halten. Doch es gibt noch mehr Vorteile.
Auch bei Abenteuer Lernen in Köln finden sich ab und an Menschen, die diese interessante Technik, die aus Tradition oft in Kombination mit einem Reiterbogen (Reflexbogen) geschossen wird, praktizieren.
Bei meinem Besuch in Singapur konnte ich das einmal ganz entspannt ausprobieren. Eins vorneweg:
Das Schönste war am anderen Ende der Welt Menschen zu treffen, die das Bogenschießen einerseits nutzen um auch an der eigenen Persönlichkeit zu arbeiten aber anderseits die Sache nicht verbissen, sondern offen und herzlich angehen.
Danke dafür Alyfan:
https://www.facebook.com/TraditionalArchersSingapore/
Ganz grundsätzlich funktioniert der Daumenring eigentlich wie ein Release, also wie eine mechanische Lösehilfe (bei den Systemschützen); eigentlich!
Die Sehne liegt zunächst bei eingeklapptem Daumen auf dem Rand des Ringes auf. Die anderen Finger halten dann den Daumen in Position. Sie „verriegeln“ ihn. Sobald dieser Griff gelockert wird kann die Sehne über den Rand des Ringes rutschen und wird freigegeben.
Der Daumenring an sich ist leicht Oval und wird daher beim aufstecken um 90° gedreht gehalten und erst hinter dem Daumengelenk wieder gedreht. Sonst passt er gar nicht richtig auf den Daumen, hinter das erste Gelenk. Er darf so gedreht nicht über das Gelenk rutschen, dann passt er zum Schützen.
Der Pfeil wird hierbei (wie bei vielen Völkern die näher an der Natur dran sind, Lars Andersen mäßig) beim Nutzen der rechten Seite als Zughand auf die rechte Seite des Bogens aufgelegt. Dies erfordert eine besondere Daumenhaltung, damit der Pfeil sanft über ihn hin wegrutscht. Sonst autsch!
Ein anderer Grund mit dem Daumenring zu schießen:
Bei kurzen Bögen mit langem Auszug der Sehnenwinkel bei Vollauszug der Sehne sehr spitz wird; müssen dann zwei oder drei Finger der Zughand dort untergebracht werden, kann dies zu mehr oder weniger starken Druckeinwirkungen auf die Finger durch die Sehne und dem Pfeilschaft kommen.
Der Pfeil erhält eine stabile Fixierung, da mit dem Zeigefinger der Zughand ein leichter Druck auf den Pfeilschaft ausgeübt wird und dieser an der rechten Bogenseite gehalten wird. Die Zughand zieht mit Arm und Schulter in einem anderen Winkel aus, da die Sehne ja anderes anliegt – ungewohnt.
Follow through als Herausforderung:
Besonders und für den mediterranen Schützen die eigentliche Herausforderung (da Umstellung) ist das follow through (das Lösen mit dem damit verbunden Nachhalten).
Der Zeigefinder der Zughand gibt beim Lösen ja den Daumen frei, der wiederum die Sehne vom Ring gleiten lässt. Diese Dynamik bewirkt beim Neuling, der seine Zughand nach dem Lösen direkt entspannt einen Impuls der Zughand nach rechts. Dies wiederum lässt den Pfeil stark gegen den Bogen drücken. Dies wiederum lenkt den Pfeil treffsicher am Ziel rechts vorbei.
Die Zughand sollte wohl, wenn Alyfan richtig verstanden habe bewusst und leicht gespannt mit einem angespannten (Halbmond) Zeigefinger nach hinten geführt werden.
Ich habe 6 Schüsse gebraucht bis ich auf die 20 m meine Pfeile nicht mehr aus dem Gras holen musste.
Hier ein Video von den Traditional Archers aus Singapur.
Beim Lösen einfach Mal auf den Zeigefinger achten, mir scheint er führt die Bewegung.
Dirk Büttner, einer unserer Fortbildungsteilnehmer („Folge deinem Weg“) hat sich tief in dieses Thema eingearbeitet. Er probiert vieles selbst aus und baut u. a. auch Daumenringe aus Rinderknochen selbst.
Wer Lust und Interesse an einem Work-Shop, einfach bei mir melden!!!
Vielleicht bekommen wir ja genügend Menschen zusammen, um an einem Tag einen Ring zu bauen und diese interessante Technik anschließend direkt auszuprobieren.
Hier eine kurze Erklärung zur Ablasstechnik vom Dirk.
Wenn Alyfan von einem Halbmond sprach, bezieht er sich auf die Endstellung der Hand nach dem Lösen mit einer Dreh/Twisttechnik.
Hier wird die Hand beim Öffnen des Halteriegels (Zeigefinger/Daumen) aus dem Handgelenk heraus gedreht. Nach dieser Drehung zeigt der Handrücken zum Gesicht, und Daumen und Zeigefinger sind wie ein seitenverkehrtes „C“ oder Halbmond ( Ursprung orientalischer/arabischer Raum) geformt. Vorteile der Technik: Geringes Verletzungsrisiko für Daumennagel und Zeigefinger durch die Bogensehne; der Ablass wird insgesamt sauberer, da man nicht dazu neigt die freiwerdende Energie in eine wilde Bewegung nach hinten oder rechts umzuwandeln, was zu einer unkontrollierten Oberkörperhaltung führen kann.
Buchtipp zum Vertiefen:
Bei einem Kurs am 15.09. habe ich noch Andrea Quenzer kennengelernt.
Sie hat uns die folgenden Fotos zur Verfügung gestellt hat.
Erstaunlich wie ähnlich die Technik im Vergleich zu unseren ist, hier wird wohl auch mit Hilfe des Daumenringes geschossen:
Schöner Artikel, eventuell sollte auch erwähnt werden daß in Singapur (wie hier gezeigt) das türkische Bogenschießen praktiziert wird, welches man auch an dem Logo ersehen kann welches 1:1 das Osmanlı Tuğrası darstellt.
Mit freundlichen Grüßen