Aus der buddhistischen Psychologie in die westliche Therapie

Der Sozialpsychologe Erich Fromm thematisiert in seinem Werk „Haben oder Sein“, die Entwicklung der westlichen Gesellschaft hin zu einer Gesellschaft, in der das Streben nach Besitztümern und Profit die Menschen krank macht. Ein Konzept, das dieses „Sein“ als Bestandteil hat und in der westlichen Welt immer beliebter wird, ist das der Achtsamkeit. Anhand des Artikels „Achtsamkeit in der Psychotherapie“. Veränderung durch „Nicht-Verändern-Wollen – ein Paradigmenwechsel“ von H. Weiss und M. E. Harrer aus dem Psychotherapeutenjournal 1/2010, werden wir Ihnen das Konzept der Achtsamkeit vorstellen.  Sie erläutern darin den Einzug in die klinische Praxis und die nachweislichen Erfolge in der Therapie von z. B. Stress, Depressionen, Burn-out oder Psychosen.

Das Konzept der Achtsamkeit hat ihren Ursprung in der buddhistischen Psychologie und fußt damit auf einer 2500 Jahre alten Tradition. Vermittelt zwischen der buddhistischen Psychologie und der westlichen Psychotherapie hat die Verhaltenstherapie. Jon Kabat-Zinn wollte mit dem Konzept eine Alternative zur traditionellen Medizin für Menschen mit chronischer körperlicher Erkrankung bieten und sorgte damit für die aktuelle Beliebtheit in der Medizin. Mittlerweile hat die Achtsamkeit nicht nur ihren Weg in Kliniken auf der ganzen Welt gefunden, sondern auch bei uns.

Doch was genau ist Achtsamkeit? Sie ist ein Konzept, das mit seinen Übungen Einfluss auf die Struktur des Bewusstseins ausübt. Jon Kabat-Zinn (2003) definiert sie folgendermaßen:

Achtsamkeit ist jenes Gewahrsein, das entsteht, wenn sich die Aufmerksamkeit mit Absicht und ohne zu bewerten auf die Erfahrungen richtet, die sich von Moment zu Moment entfalten.“

 

Vier essenzielle Komponenten

Aufmerksamkeit besteht aus vier Dimensionen:

  1. Der Modus des Seins. Dieser Beschreibt die rezeptive Beobachtung von inneren und äußeren Prozessen im gegenwärtigen Moment. Impulse als Automatismen auf der Handlungsebene werden beobachtet, ihnen wird aber nicht gefolgt. Das im Moment sein, steigert die Intensität des Erlebens.
  2. Eine bestimmte Haltung gegenüber der Erfahrung einnehmen. Das meint, dass Objekte oder innere Prozesse wie Gefühle und Gedanken akzeptiert und wertfrei behandelt werden. Auf die Einordnung in bekannte Konzepte oder Erfahrungen wird verzichtet. Die Beobachtung innerer Prozesse durch die empfindende Person aus einer Beobachter*innen Position heraus wird als Grundstein für Veränderung gesehen.
  3. Das Anwenden von Techniken. Die Zugangskonzentration ist Ausgangspunkt für ein immer genaueres und konstantes Gewahrsein.
  4. Die Achtsamkeitsschulung hat Auswirkungen. Hierzu gehören u.a. die Befreiung von äußeren Anforderungen mit dem Ziel, sich selbst und die Welt umfassender wahrzunehmen wie sie ist.

Die Schulung der Achtsamkeit ist eine komplexe psychische Leistung, die Jahre in Anspruch nehmen kann und nicht unterschätzt werden sollte.

 

Auch im Bogenschießen liegt das Geheimnis in der Achtsamkeit

In der achtsamkeitsgestützten Verhaltenstherapie ist das Ziel die Veränderung der Beziehung zwischen den Klient*innen und ihren Gedanken und Gefühlen. Mit einer wertfreien Wahrnehmung soll ihnen zugesprochene Macht und konstruierter Wahrheitsgehalt genommen werden. Die Isolierung von Empfindungen, Gedanken und Gefühle in einzelne Komponenten reduziert die Komplexität und mach sie handhabbar. Für viele Klient*innen ist diese Perspektive neu und führt zu einer Unterbrechung von Handlungsautomatismen.

Stellen Sie sich einmal vor, wie Sie einen Pfeil abschießen. Vermutlich denken Sie hier direkt an einen flüssigen Bewegungsablauf, der den Pfeil im Ziel versenkt. Doch für den gelungenen Schuss ist es wichtig, jedes einzelne beteiligte Element, also jedes Körperteil, jede Bewegung, die Atmung in ihren einzelnen Teilen, achtsam hintereinander durchführen zu können. Sind Sie in der Durchführung nicht achtsam, ist der Bewegungsablauf zu komplex und das Optimieren des Schusses wirkt als unbezwingbare Herausforderung.

 

Lesen Sie hier, wie wir Achtsamkeit bei uns leben und vermitteln: Achtsamkeit bei Abenteuer Lernen gGmbH